Green Change: Gutes Nachhaltigkeitsmanagement schafft Kulturwandel
von Eleonora KurbanovDie Nachhaltigkeitsstrategie steht, die Ziele sind gesetzt. Alle wissen was zu tun ist. Theoretisch. Ganz praktisch scheitern jedoch viele Unternehmen genau an diesem Punkt, der Implementierung. Denn was oft übersehen wird ist die Unternehmenskultur.
Die Kultur eines Unternehmens ist mehr als Events und Obstkörbe. Sie prägt die Zusammenarbeit, Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden. Sie ist durch explizite und implizite Spielregeln bestimmt, die im Laufe der Zeit durch Erfahrungen gewachsen sind und von den Mitarbeitenden bewusst oder unbewusst weitergegeben werden. Kurz gesagt, man kann nicht erwarten, dass sie sich von heute auf morgen ändert. Und leider wird sie häufig nicht mitgedacht, wenn es darum geht wichtige Veränderungen im Unternehmen umzusetzen. Dabei bestimmt sie, welches Verhalten in einem Unternehmen erwünscht ist und welches nicht. Das bedeutet sie kann maßgeblich dazu beitragen, dass die Verhaltensweisen, die für die Umsetzung einer neuen Strategie nötig sind, auch an den Tag gelegt werden.
Von der Task Force zur Führungsaufgabe
Oft werden alle Hoffnung und Verantwortung in die Hände von Nachhaltigkeits-Taskforces gelegt. Während es Sinn macht, ein Competence Center aufzubauen, das bei einem sich rasant entwickelnden und komplexen Thema den Überblick behält, können diese Teams nicht zusätzlich einen organisationalen Transformationsprozess stemmen. Es braucht viele Hände, die anpacken – und am besten welche von ganz oben.
Eine Hauptursache für gescheiterte Veränderungsversuche ist in 73% der Fälle mangelnde Führung. Es wäre einfach die Schuld hierfür den Führungskräften zuzuschreiben. Aber auch sie brauchen die richtigen Voraussetzungen und Treiber um Verhaltensänderungen auf die Straße zu bringen. Solange Erfolg anhand kurzfristiger Umsatzziele bemessen wird, fehlt die richtige Incentivierung für nachhaltigkeitsorientierte Aktivitäten. Wenn ein Unternehmen ambitionierte Nachhaltigkeitsziele hat, sollten sie sich auch in den Performance Reviews der Führungsebene spiegeln.
So hängen seit 2021 die Boni für die Führungskräfte bei McDonald’s auch vom Erreichen der Diversitätsziele ab. Eine Maßnahme, die unter anderem auf die übergeordneten Unternehmensziele einzahlt, Geschlechtergleichstellung voranzutreiben und eine inklusivere und damit auch nachhaltige Kultur zu schaffen.
Veränderungsmüdigkeit überwinden
Das Thema Nachhaltigkeit trifft bei vielen Mitarbeitenden und Führungskräften erstmal auf eine ablehnende, lustlose Haltung – ähnlich wie bei der Digitalisierung. Und sobald auch nur ein Teil der Kolleg:innen frustriert ist, beeinflusst das den Rest. Zu schnelle und zu umfangreiche Veränderungen, bei denen nicht auf die Arbeitsrealität der Mitarbeitenden geachtet wird, können die Ursache dafür sein. Noch schwieriger wird es, wenn darüber hinaus auch noch der Sinn hinter den Veränderungen nicht verstanden oder nicht als wichtig wahrgenommen wird. Das kann schnell in “Change Fatigue” münden – der Resignation von Mitarbeitenden gegenüber organisationalen Veränderungen.
Wenn alle verstehen, dass die Veränderungen Chancen für das Unternehmen und für den Arbeitsalltag jedes Einzelnen mit sich bringen, ist bereits viel gewonnen. Idealerweise wird das über Formate vermittelt, die Spaß machen, Raum zur Mitgestaltung bieten und über Power Point Charts hinausgehen. Inhaltlich sollten sie nah an der Arbeit der Belegschaft sein, um nachhaltigen und strategischen Themen die Abstraktheit zu nehmen.
Als Patagonia sich entschlossen hat Bio-Baumwolle anstelle von konventioneller Baumwolle zu benutzen, sind sie bei ihren Mitarbeitenden und ihren Produktionspartnern auf viel Gegenwind gestoßen. Der Materialwechsel hat viele Umstellungen und Risiken mit sich gebracht. Statt ihnen die Gründe dafür trocken vorzutragen, wurden alle Mitarbeitenden gruppenweise zuerst zu einer konventionellen Baumwollfarm, dann zu einer Bio-Farm gebracht und anschließend zu einer Diskussion eingeladen. Die Unterschiede live zu erleben, hat die Motivation der Mitarbeitenden neu befeuert und ihre Bereitschaft zur Veränderung geweckt.
Lernerfolge zelebrieren
Es kommt weder bei der Öffentlichkeit noch bei den eigenen Mitarbeitenden gut an, wenn man leugnet, was man bisher falsch gemacht hat. Lernprozesse sind menschlich und eine offene Fehlerkultur wichtig für die Implementierung neuer Themen sowie Innovationsfähigkeit.
Natürlich sollten nicht nur Rückschläge kommuniziert werden, sondern auch Zwischenerfolge. Statt nahtlos der nächsten Etappe nachzujagen, erstmal Fortschritte feiern. Das schweißt zusammen und Zusammenhalt ist ein wichtiger Schlüssel für einen erfolgreichen Change: Gartner hat in einer Studie festgehalten, dass die Veränderungsfähigkeit der Mitarbeitenden fast um das doppelte steigt, wenn ein hohes Maß an Teamzusammenhalt vorhanden ist.
Kultur des Neuen Wachstums
Nachhaltigkeit und Wachstum müssen sich nicht grundsätzlich ausschließen. Es geht um die Art des Wachstums – das heißt die Ziele dahinter und die Arbeitsweisen, die dahinführen. Wenn Unternehmen sich unter Druck sehen, konstant Produkt- und Serviceinnovationenhervorzubringen, werden diese schnell banal und den Anforderungen unserer Welt nicht gerecht. Wie zum Beispiel der Versuch von Philips mit dem EarthLight eine energieeffiziente Glühbirne auf den Markt zu bringen, die aber leider nicht in herkömmliche Halterungen gepasst hat. Man hätte also neue Lampen kaufen müssen, um die Glühbirne nutzen zu können.
Wer die volle Innovationskraft des eigenen Unternehmens nutzen und dabei den nachhaltigen Ansprüchen unserer Zeit gerecht werden will, muss Arbeit in die Gestaltung der richtigen Unternehmenskultur stecken. Durch gutes Nachhaltigkeitsmanagement haben Organisationen die Chance überholte Arbeitsweisen durch ein neues, zukunftsweisendes Mindset zu ersetzen.