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Artikel
23. März 2023

Der Mensch im Mittelpunkt – Neues Wachstum durch Diverse Health

von Brigitte Liermann
Frau mit Maske und in weißem Kittel begutachtet kleinen Gegenstand in Labor

Deutschland ist divers: So sind zum Beispiel gut 50% der in Deutschland lebenden Menschen weiblich und mehr als 20% über 65 Jahre alt. 23 % besitzen einen Migrationshintergrund und 10,8 Millionen Menschen haben eine anerkannte Schwerbehinderung. Doch die Diversität der Gesellschaft spiegelt sich nicht in der Medizin wider.

Dabei stecken hier jede Menge Wachstumschancen für neue Produkte und Services. Chancen, die bis dato nur wenig genutzt wurden, da Produkte und Services häufig entwickelt werden, ohne die entsprechenden Nutzer:innengruppen einzubeziehen oder ihre Bedürfnisse zu verstehen.

Das muss sich ändern. Aus Gründen der Inklusion, Gleichberechtigung und des Zugangs, weil die Gesetzgebung Barrierefreiheit verlangt (European Accessibility Act 2025), aber auch ganz einfach, weil Wachstumschancen mit großem Potenzial nicht genutzt werden.

Viel mehr als Femtech

Besonders im Bereich Femtech hat sich in den letzten Jahren einiges getan und es sind viele Innovationen entstanden. Doch die meisten Produkte und Services beschäftigen sich mit den typisch weiblich konnotierten Themen wie Menstruation, Fruchtbarkeit, Schwangerschaft, Müttergesundheit, Menopause oder Brustkrebs. Alles sehr wichtige Themen. Der Markt für Femtech-Anwendungen wird bis 2025 auf 75 Milliarden USD geschätzt. Aber das Potenzial ist viel größer: Bei über 700 Krankheiten erhalten Frauen eine spätere Diagnose als Männer oder im schlimmsten Fall gar keine.
Dass das für das Gesundheitssystem teuer ist, ist eine Sache. Aber für betroffene Frauen kann es tödlich enden. 50% der Frauen, die einen Herzinfarkt haben, werden falsch diagnostiziert. Abhilfe schaffen Plattformen und Apps wie CorDiFio, die Frauen (und Männern) dabei hilft, ihre Herzrisikofaktoren zu verstehen, ihre allgemeinen Gesundheitsinformationen zusammenzustellen und es Ärzt:innen leichter macht, die Risiken auf einen Blick zu erkennen – so das Social Enterprise

Doch es gibt immer noch viel zu tun. Das Gute: Frauen haben ein 75% höheres Interesse als Männer daran, ihren Gesundheitszustand zu tracken. Deshalb heißt es im ersten Schritt, selbstbewusste und informative Arzt-Patient:innen Gespräche zu führen.

Zugang als Prämisse

10,8 Millionen Menschen haben eine anerkannte Schwerbehinderung. Mindestens 17 Millionen weitere Menschen sind in ihrem Alltag eingeschränkt. Die Zahl ist erschreckend hoch und sie wird angesichts einer alternden Gesellschaft nicht sinken. Hinzu kommen temporär oder situationsbedingt eingeschränkte Menschen. Wie wäre es, wenn Produkte und Services von vorneherein für sie gedacht und gemacht werden? Für Tech Firmen wie Apple oder Microsoft ist das Teil der Wachstumsstrategie. Von augenbasierter Steuerung, über Live-Untertitel, Handsteuerung ohne Bildschirmberührung, Hörgerätekopplung, Vorlesefunktion – Apple entwickelt für seine Devices Features, die Zugang gewährleisten. Microsoft forscht und entwickelt zu Inklusion durch AI und hat unter anderem die App „Seeing AI“ gelauncht – eine sprechende Kamera für Blinde. Für Menschen mit Behinderungen machen Innovationen wie diese einen riesigen Unterschied.

„Behindert ist, wer behindert wird“ – so formulierte es eine Kampagne bereits im Jahr 2003. Zeit sich den Satz zu Herzen zu nehmen und gemeinsam inklusivere Produkte und Services zu entwickeln.

Der Mensch im Zentrum

Inklusion heißt, die gesamte Bandbreite menschlicher Vielfalt in Bezug auf Fähigkeiten, Sprache, Kultur, Geschlecht, Alter und andere Formen menschlicher Unterschiede in Produkten und Services zu berücksichtigen. Gerade im Gesundheitsbereich sollte das die Prämisse sein, nach der entwickelt wird. Nicht nur, weil wir alle dazu moralisch verpflichtet sind. Sondern weil Wachstumschancen und echte Differenzierungspotenziale sonst ungenutzt bleiben.

Wir freuen uns über Projektanfragen