Zurück zur Übersicht
Artikel
16. Jan. 2023

Neues Jahr - Neues Wachstum

Karte aus Blasen die Dimensionen von neuen Wachstumsmöglichkeiten mit diffferent zeigt
Karte aus Blasen die Dimensionen von neuen Wachstumsmöglichkeiten mit diffferent zeigt

Gemeinsam Neues entdecken: Neues Wachstum Map

Der Anfang eines neuen Jahres ist die beste Zeit, um sich Gedanken zu machen, wo es in den nächsten Monaten hingehen soll. Wir haben uns erst letztes Jahr neu ausgerichtet und sind dem Ruf des Neuen Wachstums gefolgt. Denn wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass Wirtschaften in Zukunft nach anderen Werteversprechen erfolgen muss: Wirtschaftsunternehmen müssen in Zukunft einen maßgeblichen Beitrag zu einem positiven gesellschaftlichen Wandel und zur Abkehr der Klimakatastrophe leisten. Dafür dürfen Veränderungen in den Zielsystemen nicht ausbleiben. Diese werden sich nicht mehr länger nur nach der Profit-Dimension richten, sondern ebenfalls die Parameter People und Planet miteinbeziehen müssen. Diese Ambition bei gleichzeitigem ökonomischen Erfolg zu realisieren, bezeichnen wir als Neues Wachstum.

Um als Unternehmen anpassungs- und widerstandsfähiger zu werden, braucht es eine Transformation, in der wirtschaftliche, soziale und ökologische Faktoren zusammengedacht werden. Eine Transformation, die eine wertegetriebene Neuausrichtung verfolgt, statt den Status quo zu bewahren. Denn die Zeichen der Zeit stehen auf radikale Veränderung. Veränderung durch Neues Wachstum.

Das alles mitzudenken ist ein komplexes Unterfangen. Weshalb wir uns auf die Suche nach einer Möglichkeit gemacht haben, die unterschiedlichen Verbindungen, Ambivalenzen, Zusammenhänge, Widersprüche, Parallelen und Abhängigkeiten aufzeigen. Entstanden ist die “Neues Wachstum Map”. Eine Karte, die es möglich macht, das Neue Wachstum auf eine visuell-grafische Art und Weise zu erfahren. Eine Karte, die Möglichkeitsräume für Neues Wachstum aufzeigt, indem sie spannende Themen, Trends und Phänomene in einen Zusammenhang stellt. Sie dient dazu den Themenkomplex, intuitiv und individuell selbst zu erforschen und seine eigenen Themen und Fragestellungen darauf zu verorten.

Auf der Rückseite der Karte finden sich zudem zwölf Begriffe, die wir das Jahr über in unserer Kommunikation immer wieder aufgreifen werden. Hier schon einmal ein Überblick:
­
­

Business Haltung

Um die Herausforderungen der Zukunft wirtschaftlich profitabel meistern zu können, müssen Unternehmen Gesellschaft, Technologie und Business zusammendenken. Besonders wichtig ist es dabei, mit Ambivalenzen und Komplexität umgehen zu können. Zwischen Widersprüchen und Gegensätzen, wie zum Beispiel langfristige Strategien versus Quick Wins, neue Erfolgsfaktoren versus bestehende KPI-Frameworks, Cross-Industry-Innovation versus Industrieexpertise sowie radikale Visionen versus agiles Arbeiten, müssen sie navigieren und eine eigene Haltung entwickeln können.

Activist Mindset

Aktivismus muss nicht nur auf der Straße, sondern auch im Unternehmen und allgemein im Wirtschaftssystem gelebt werden. Dafür braucht es Führungskräfte, die den Mut haben, ihre Marke für gesellschaftsrelevante Themen zu positionieren und diese Positionierung im Arbeitsalltag mit den Mitarbeiter:innen und Kund:innen zu leben. Das dafür notwendige Activist Mindset dient dazu, den Wertekompass zur Entscheidungsgrundlage im Unternehmen werden zu lassen – so bleibt es relevant und stellt sich zukunftssicher auf.

Industries Blurring & Allianzen bilden

Komplexe Probleme lassen sich nicht mehr isoliert durch einzelne Akteur:innen oder auch Industrien lösen oder finanzieren. Stattdessen braucht es Verbündete, Allianzen und Schwärme, welche neue Zugänge zu Ressourcen und Lösungen schaffen. So können durch gemeinsame Ökosysteme und Plattformen geteilte Werte entstehen – statt nur isolierter Produkte und Services. Ein positiver Nebeneffekt ist auch, dass sich durch die Zusammenarbeit und den Austausch – nach Vorbild des Open Innovation-Ansatzes – zwischen Industrien der gemeinsame Lernraum automatisch vergrößert. Offene und kollaborative Ökosysteme haben auch noch einen weiteren Vorteil für Unternehmen: Sie setzen im Gegensatz zu geschlossenen Ökosystemen keine Wachstumsgrenzen.

Silos aufbrechen

Um schnell und gut neue Prozesse und Innovationen umsetzten zu können, ist es wichtig, die Silos in Unternehmen aufzubrechen: Interdisziplinäres Arbeiten und wahre Kollaboration sind dafür notwendig. Unternehmen, die das hinbekommen, finden echte Lösungen für Probleme und können Produkte und Services bieten, die sich von der Masse differenzieren.

Neue Ansprüche

Mit alten Ansprüchen lassen sich keine neuen Probleme lösen. Um bedeutsame Innovationen zu schaffen, braucht es ein bestimmtes Mindset. Ergo: Wenn sich die Art zu wirtschaften ändern soll, so müssen sich zuallererst das eigene Mindset und die eigenen Ansprüche ändern. Statt sich mit einseitigen Zielen zufrieden zu geben, gilt es, Widersprüche aufzulösen und parallel zu bedienen: kurzfristiges Handeln bei langfristigen Visionen, Business Impact bei gesellschaftlicher Verantwortung, klare Führung bei dezentralen Organisationen.

Diversity ernst nehmen

Anstatt Diversität nur in der Kommunikation stattfinden zu lassen, müssen Unternehmen zeigen, dass sie es ernst meinen und Diversität in ihrer Organisation, ihren Produkten & Services und Geschäftsmodellen verankern. Denn in den meisten Fällen richten sich diese noch an den Wünschen und Bedürfnissen einer privilegierten Minderheit aus. Erst wenn wir anfangen, uns auch mit weniger exklusiven Problemen und diversen Zielgruppen zu beschäftigen, können Unternehmen ihren Beitrag zu gesellschaftlichen Veränderungen leisten. Unsere Gesellschaft ist divers und das muss sich auch in Produktentwicklungsprozessen und -abteilungen widerspiegeln.

Innovation mit Haltung

In Unternehmen wird viel von gesellschaftlichem Wandel, sozialverträglicher Transformation und nachhaltigen Strategien gesprochen, aber die entsprechenden Ergebnisse lassen auf sich warten. Stattdessen entstehen vielerorts noch immer Produkte, die die Welt nicht braucht. Wahre Produkt- und Serviceinnovationen müssen dafür sorgen, dass der Alltag der Menschen nicht nur angenehmer, sondern tatsächlich lebenswerter wird.

Neue Business Metriken

Wir brauchen neue Maßstäbe für zukünftiges Wirtschaften und Innovieren. Dazu gehört es auch, zeitgemäße Metriken einzuführen und danach sein Unternehmen auszurichten. Anstatt kurzfristige sollten langfristige Gewinne angestrebt werden. Notwendig dafür ist es, reale Kosten in Bezug auf Nachhaltigkeit im Unternehmen und darüber hinaus transparent zu machen und eine Unterscheidung von Erfolgsmessung für bestehende vs. neue Produkte einzuführen. Das Wachstumsideal à la Hockey Stick hat als ökonomisches Versprechen der Startup-Welt versagt.

Digitale Ethik

Der moralische Anspruch von Unternehmen sollte es sein, Erfolg und Wachstum nicht auf Kosten anderer Menschen oder der Umwelt zu haben. Akteur:innen müssen sich deshalb fragen, welche Auswirkungen das eigene Handeln hat und wer am Ende die Konsequenzen dafür trägt. Es braucht eine aktive Auseinandersetzung mit „unintended consequences“ sowie das Einbeziehen und Transparentmachen der Langzeitkonsequenzen. Zudem ist die Integration oder eine stärkere Fokussierung auf Bedürfnisse und Erwartungen von Randzielgruppen und marginalisierten Stakeholdern wichtig.

Circular Mindset

In Zeiten von Ressourcenknappheit ist der verantwortungsbewusste Umgang mit Rohstoffen für jede/n Einzelne:n sowie für Wirtschaft und Industrie wichtiger denn je. Ein Circular Mindset hilft Unternehmen dabei, Bestehendes zu hinterfragen und auf innovative Art neu zu denken. Dass lineare Businessmodelle bald ausgedient haben, zeichnet sich jetzt schon ab: Die EU diskutiert und verabschiedet immer mehr Regeln zu gemeinsamen Standards von Produkten – auch in Richtung der Wiederverwertung von Ressourcen und Reparierbarkeit von Artikeln. Zirkuläre Konzepte und Businessmodelle schonen dabei aber nicht nur Mensch und Natur. Sie bieten Unternehmen auch die Möglichkeit, ihr Wachstum an gemeinwohlorientierten Werten auszurichten. Dazu zählen ökologische Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Wertschöpfung. Diese Punkte wiegen künftig mehr als kurzfristiges Profitdenken und führen nachhaltig zu wirtschaftlichem Erfolg.

Business Pretotyping & Business Experimente

Pretotype before Prototype: Durch schnelle Vertestung von Ideen im Frühstadium kann man als Unternehmen viel Geld sparen und vor allem Sinn stiften. Denn nichts ist ärgerlicher als lange an einem Produkt oder Service zu tüfteln, das/der dann nicht zur Zielgruppe bzw. zum Markt passt. Durch Pretotyping findet man die Schwachstellen, aber auch die gut funktionierenden Aspekte der Innovation frühzeitig genug heraus und kann seine Hypothesen entweder bestätigen oder verwerfen. Dafür braucht es den Mut zum Experimentieren – und zum Scheitern.

Proof of Future Potential

Bei Innovation im Bereich von Geschäftsmodellen, betritt man oft Neuland. Zurzeit ist es in Unternehmen meist so, dass zur Legitimation eines Innovationsvorhabens ein positiver Business Case vorliegen muss. Bei der Erschließung neuer Märkte oder bei der Etablierung neuer Services ist dieser Beweis allerdings schwer zu liefern und die Businesspläne folgen eher der Logik „fake it, till you make it“ anstatt gesundem Menschenverstand. Denn wie soll es gelingen, einen neu zu schaffenden Markt im Vorhinein in Zahlen auszudrücken? Für Neues Wachstum braucht es deshalb vielmehr einen Beweis, dass der Markt, den man mit seinem neuen Geschäftsmodell schafft, in Zukunft Business-Potential hat. Anstatt eines Proof of Business braucht es also einen Proof of Future Potential.

Entstanden ist die Karte mit Hilfe von Methoden der Trendrecherche, Expert:innen-Interviews und Clustering. Contributers: Kristina Bonitz, Jennifer van der Heydt, Alexander Kiock, Silke Kreiling, Claudia Lang, Jan Pechmann, Mustafa Sahin, Daniel Schlee, Holger Schmitz, Alexander Werle.
Konzept, Text & Grafik: Clara Iversen und Sophie Michel

Wir freuen uns über Projektanfragen